Was ist Kreislaufwirtschaft?
Jeder Mensch benötigt Kleidung, Essen, Elektronik und andere Produkte. Neusten Studien zufolge verbraucht Österreich allerdings so viele Ressourcen, wie 3,5 Erden produzieren müssten. Da liegt es eigentlich nahe, unser Wirtschaftsmodell umzudenken. In einer Podiumsdiskussion haben neben den beiden Rektoren der Charlotte Fresenius Privatuniversität weitere Expert:innen über ein solches Modell gesprochen. Erfahre hier, was es mit der Kreislaufwirtschaft auf sich hat.
Definition: Kreislaufwirtschaft
Unsere Wirtschaft agiert derzeit linear: Ressourcen werden für Produkte umgewandelt und erfüllen dabei einen einzigen Zweck. Ist das Produkt defekt, wird es weggeworfen oder recycelt – take, make, consume, dispose.
Circular Economy, oder Kreislaufwirtschaft, verfolgt das Ziel, Produkten ein möglichst langes Leben zu ermöglich. Wann immer es geht, sollten Produkte repariert, Teile ausgetauscht oder durch Upcycling wiederverwendet werden. Ist das nicht möglich, sollten Produkte in ihre Rohstoffe zerlegt werden. Diese können dann weiter verwertet und in den Kreislauf zurückgeführt werden. Neu ist das Konzept nicht. Bis in die 1970er Jahre hinein war es der Standard, Produkte so zu konzipieren, dass sie einfach und ohne viel Aufwand repariert werden konnten. Durch einen Anstieg an Massenproduktion und einfachere Möglichkeiten des Rohstoffabbaus ist jedoch der Wert der Ressourcen verloren gegangen. Dies bestätigt auch Karin Huber-Heim (Circular Economy Forum Austria) während der Podiumsdiskussion der Charlotte Fresenius Privatuniversität.
Ziel der Kreislaufwirtschaft ist es immer, Abfall zu vermeiden und Wiederverwendung oder Reparatur dem Recycling vorzuziehen. Nicht nur für die Umwelt und Konsument:innen – die in einer Kreislaufwirtschaft seltener Produkte kaufen müssen – hat das Modell Vorteile. Es ist auch im Sinne der nachhaltigen Ökonomie und der Unternehmen. Sie sind unabhängiger von schwankenden Rohstoffpreisen und haben dadurch niedrigere Produktionskosten sowie eine stabilere Versorgung mit Materialien.
Warum ist Recycling nicht die beste Option in der Kreislaufwirtschaft?
Nach einem aufwändigen Recycling-Prozess haben viele Materialien, die in der Kreislaufwirtschaft benötigt werden, eine verminderte Qualität und einen geringeren Wert. Das Ganze fällt unter den Begriff Downcycling.
Hinzu kommt, dass es sehr viele unterschiedliche Arten von Stoffen und Stoffzusammensetzungen gibt. Ein Beispiel findet sich in der Textilwirtschaft, wie Reinhard Backhausen (Textile & Circular Consulting) während der Podiumsdiskussion erklärt: „Viele Textilien bestehen aus Mischungen. Wenn es eine Mischung ist, kann man die Textilien fast nicht mehr zu einer Faser, zu einem Garn und später wieder zu einem Textil machen. Es gibt zwar Möglichkeiten, zum Beispiel Baumwolle oder Polyester mit Enzymen zu trennen, das ist aber technisch wahnsinnig aufwendig.“
Ein weiteres Problem sind die schwankenden Ölpreise. Je nach Preislage ist es billiger, neues Plastik herzustellen, statt Plastik zu recyceln.
„Wenn wir über Kreislaufwirtschaf sprechen, sprechen wir nicht über Recycling“, stellt Karin Huber-Heim während der Podiumsdiskussion klar. „Recycling ist ein eigener Kreislauf, und zwar der allerletzte Kreislauf, der in Erwägung gezogen werden sollte. Warum? Weil er der energieaufwendigste Kreislauf ist und weil Recycling bei den allermeisten Materialien nur Downcycling ist.“
Deswegen möchte eine Kreislaufwirtschaft davon absehen, zu viel zu recyceln.
Wie kann eine echte Kreislaufwirtschaft etabliert werden?
Ein langjähriges und etabliertes System wie die lineare Wirtschaft kann selbstverständlich nicht innerhalb weniger Jahre überworfen und durch die Kreislaufwirtschaft ersetzt werden.
Deswegen gibt es seit März 2022 den sogenannten Aktionsplan Kreislaufwirtschaft der Europäischen Union. Ziel ist es, bis 2050 eine klimaneutrale Kreislaufwirtschaft innerhalb der gesamten EU zu etablieren. Unter anderem soll das Design von Verpackungen über- und mitgedacht werden. Erste Schritte wurden bereits gegangen: Pläne zur Rückgewinnung kritischer Rohstoffe wurden angestoßen, damit die Abhängigkeit der EU von Importen sinkt. Auch soll der Export von (Verpackungs-)Müll strenger geregelt werden.
Außerdem setzt sich der Verbraucherschutz dafür ein, ein „Recht auf Reparatur“ zu stärken sowie Greenwashing-Praktiken deutlicher aufzudecken.
„Das ist ein Umbau des Systems, bei dem auch die Konsumenten mitkommen müssen. Eine Kreislaufwirtschaft braucht eine Kreislaufgesellschaft“, so Karin Huber-Heim.
Podiumsdiskussion als Chance für Studierende
Die Podiumsdiskussion zum Thema Kreislaufwirtschaft war natürlich nicht nur für Expert:innen und Branchenspezialist:innen zugänglich. Auch Studierende der Charlotte Fresenius Privatuniversität haben sich den Vortrag angesehen.
Nicolas erzählt, warum er sich dazu entschieden hat, die Diskussion zu besuchen:
„Einerseits wollte ich mehr über die Kreislaufwirtschaft erfahren und mir auch die Meinungen von Experten auf dem Gebiet anhören. Andererseits wollte ich schon vor den Studienstart meine zukünftigen Professoren sowie Studienkolleggen kennen lernen, um einen besseren Start in mein Studium zu haben. Ich persönlich sehe die Kreislaufwirtschaft als eine Chance, unsere Ressourcen zu schonen und damit auch die Möglichkeit, zukünftigen Generationen einen Planeten zu hinterlassen, auf dem man noch gut leben kann. Die Podiumsdiskussion hat mir nochmal verdeutlicht, dass vor allem die Gesellschaft ihre Gewohnheiten verändern muss. Ich habe Gewohnheiten, welche ich verändern sollte, um nachhaltiger zu leben. Außerdem hat die Veranstaltung mir gezeigt, dass ich in den Studium Kompetenzen und Wissen erwerbe, mit welchen ich auch etwas für unsere Gesellschaft verbessern kann.“
Die gesamte Podiumsdiskussion kannst du dir hier ansehen: